Grüne Hoffnung im grauen Karlsruhe

Mit herzlichem Dank an Susann und Steffen, dass sie uns bei der BDK in Karlsruhe vertreten haben und ein Extra-Dank an Steffen für den ausführlichen Bericht!

Die Baden-Metropole hat sich auch schon einmal heller präsentiert als an diesem grauen letzten Novemberwochenende. Denn Sonnenschein gab’s kaum zwischen dem 23. und 26. November, und wenn, dann haben ihn die über 800 Teilnehmenden der 49. Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen in der Messehalle im Süden von Karlsruhe kaum zu Gesicht bekommen. Zu umfangreich war das Programm, dem sich unsere Vertreterinnen und Vertreter bei der jährlichen Zusammenkunft widmen mussten.

Für unseren Kreisverband Lichtenfels von Bündnis 90/ Die Grünen nahmen Stadt- und Kreisrätin Dr. Susann Freiburg sowie Steffen Huber am Parteitag teil. Zuerst stand die Wahl der Bundesvorsitzenden auf dem Programm. Ricarda Lang erhielt ohne Mitbewerberin 82 Prozent aller Stimmen, und auch Omid Nouripour setzte sich durch. Der Hesse bekam von 79 Prozent der Anwesenden grünes Licht für weitere zwei Jahre als Ko-Vorsitzender und hatte damit klar gegen Philipp Schmagold aus Schleswig-Holstein die Nase vorn.

Anschließend musste das grüne Team für die Europawahl im Juni 2024 bestimmt werden. Leider hat unser oberfränkischer Abgeordneter Malte Gallée seine Kandidatur in letzter Minute aus persönlichen Gründen zurückgezogen, was die Stimmung bei unserer Delegation nicht gerade aufgehellt hatte. Doch es ging noch grauer, denn Henrike Hahn, die sich für den fünften Listenplatz beworben hatte, erhielt trotz Absprachen der bayerischen Delegation mit anderen Landesverbänden keine Mehrheit. Auch für Listenplatz 7, 11 und 14 reichte es für die Noch-Europa-Abgeordnete aus München nicht, sodass wir Grüne aus dem Freistaat mit Andie Wöhrle erst auf Platz 16 eine Kandidierende für Europa stellen.

Angesichts der Umfragewerte im November/Dezember 2023 dürfte es knapp werden für Andie, die mit einer tollen Rede die Mehrheit der Anwesenden in der Messe Karlsruhe auf ihre Seite gezogen hatte. Immerhin schicken wir Oberfranken mit Michaela Reimann auch eine Bewerberin ins Rennen, allerdings erst auf Listenplatz 39. Natürlich werden wir sie voller Motivation unterstützen! Spitzenkandidierende von Bündnis 90/Die Grünen ist übrigens Terry Reintke.

Die folgenden Tage standen dann ganz im Zeichen unseres Programms für die Europawahl. Etliche Änderungsanträge kamen zur Abstimmung. Manchmal ging es nur um ein oder zwei Wörter, die eingefügt oder gestrichen werden sollten. Hier zeigte sich unsere Stärke als basisorientierte Partei, wie es wohl keine zweite in Deutschland gibt. Es war toll, wie interessiert sich viele Mitglieder mit unserem Programm auseinandergesetzt und ihre Kritik/Meinung dazu vorgetragen hatten.

Es gab aber auch Abwechslung im Abstimmungsmarathon. So besuchten Susann und Steffen einen Workshop mit Michael Kellner. Der 46-Jährige war über acht Jahre unser Bundesgeschäftsführer. Seit Dezember 2021 bekleidet er den Posten des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundeswirtschaftsministerium. Michael plauderte aus dem Nähkästchen, stellte sich vielen Fragen und machte Mut. Er erklärte den unglücklichen Prozess beim Beschluss des Gebäudeenergiegesetzes, dessen erste Entwürfe an die Öffentlichkeit durchgesteckt worden waren. Für die Postillen des Springer-Verlags, deren 35,8-Prozent-Teilhaber KKR sein Geld mit fossilen Investments verdient, war diese Panne natürlich ein gefundenes Fressen. Dass deren Hass- und Hetzkampagne unseren Landtagswahlkampf in Bayern geschadet hat und die Wahlkämpfe in Sachsen, Thüringen und Brandenburg für unsere grünen Freunde nicht vereinfachen wird, sah auch Michael. Doch seine Tipps sollten den ostdeutschen Grünen Rückenwind geben.

Genau wie die Ansprache von EU-Wettbewerbs-Kommissarin Margrethe Vestager, die besonders Susann imponiert hat. Die Dänin warb für die Zukunft unseres gemeinsamen Europas. Doch da Kriegsverbrecher wie Putin, Potentaten wie Xi und Populisten wie Trump unsere Freiheit angreifen, braucht es Kraft, Durchhaltevermögen und Mut. Und genau diese vermittelte Vestager.

Es gäbe noch viel mehr zu berichten:

  • beispielsweise über tolle Diskussionen mit anderen Delegierten aus (Ober-)Franken und Bayern;
  • über den interessanten Austausch mit Alexander Herrmann (nein, nicht der Koch aus Wirsberg), dem Grünen-Bürgermeister von Schondorf am Ammersee;
  • über ein intensives Gespräch mit MdB Leon Eckert aus Eching, der in als aktiver Feuerwehrler und Vorsitzender des Deutschen Komitees für Katastrophenvorsorge Susann viel Interessantes zum Lichtenfelser Feuerwehrbedarfsplan zu berichten hatte;
  • über die Rede von Martin Daum, Vorstandsvorsitzender von Daimler Truck Holding AG, der Lkw-Sparte von Daimler Benz, der über die Pläne seines Unternehmens zur Elektromobilität und CO2-Einsparung referierte;
  • oder über ein Gespräch mit einer Delegierten aus dem Ruhrpott, die sich als Rollstuhlfahrerin bessere Barrierefreiheit in der Karlsruher Messehalle sowie generell mehr Wertschätzung der Grünen für die Anliegen beeinträchtigter Menschen gewünscht hätte. Doch all das würde den Rahmen dieses sowieso viel zu lang geratenen Berichts sprengen.

Nichtsdestotrotz muss auch noch Platz für einige kritische Anmerkungen sein. So fiel Steffen in der Lobby gleich der Stand von Amazon auf. Dass der Online-Händler, der unter anderem in der EU kaum Steuern zahlt und seinen Mitarbeitenden die Gründung von Betriebsräten nicht gerade einfach macht, zu den Sponsoren unserer Partei gehört, gefiel dem Journalisten überhaupt nicht. Ebenso kritisch sah er, dass im Parteirat (in diesem vertritt künftig Landessprecherin Eva Lettenbauer als Nachfolgerin von Katharina Schulze unsere bayerischen Interessen) kaum Senioren oder Menschen aus dem ländlichen Raum vertreten sind. Hier täte etwas mehr Vielfalt uns Grünen gut, findet Steffen.

Nichtsdestotrotz brachten unsere Delegierten durchaus Positives aus dem grauen Baden mit ins schöne Oberfranken. Denn allem Gegenwind zum Trotz gibt es in unserem Land sehr viele Menschen, denen Klimaschutz, die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit und Gleichberechtigung aller Lebensentwürfe am Herzen liegen. Das macht doch Hoffnung, und die ist bekanntlich grün!

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